Die Wildkatze gehört zu den seltenen Säugetierarten in Deutschland. Während sie bis Mitte des 19. Jahrhunderts offenbar auch in Hessen fast flächendeckend vor kam, wurden ihre Bestände seit dem dramatisch reduziert. Neben einer immer intensiver betriebenen Forstwirtschaft ist dieser Rückgang vor allem auch auf jagdliche Verfolgung zurück zu führen. In Deutschland lebt die Wildkatze inzwischen nur noch auf etwa 5% des ursprünglich von ihr besiedelten Gebietes. Als typischer Lebensraum gilt das waldreiche Mittelgebirge, bekannte größere Populationen in Hessen finden sich noch im nordosthessischen Bergland (Reinhardswald, Kaufunger Wald, Meißner, Knüll) sowie im Taunus. In den letzten Jahren wurden zudem Wildkatzenvorkommen im Rothaargebirge, in der Breiten Struth und im Kellerwald nachgewiesen.
Foto: Manfred Delpho, Gudensberg (www.delpho.de)
Auch aus dem Burgwald liegen aus den letzten Jahrzehnten vereinzelte Sichtbeobachtungen vor. Zwar konnten in den letzten Jahren im Randbereich des Burgwaldgebietes (Battenberg, Gilserberg, Engelbach) durch den Strassenverkehr zu Tode gekommene Wildkatzen zweifelsfrei bestimmt werden, konkrete "Beweise" für die Existenz dieser Art im Burgwald fehlten jedoch bislang.
Motiviert durch die Nachweiserfolge im Kellerwald nahm die Aktionsgemeinschaft im Winter 2008/2009, sowie Anfang 2010 an dem überregionalen Monitoring zur Verbreitung der Wildkatze im westhessischen Bergland teil. Unterstützt wurde die Aktionsgemeinschaft vom BUND Hessen, im Rahmen des bundesweiten Forschungsprojektes "Rettungsnetz Wildkatze".
Um die Verbreitung der Wildkatze im Burgwald zu überprüfen wurden zunächst im Winter 2008/2009 entlang einer Strecke von ca. 30 Km innerhalb des zentralen Burgwaldes 27 "Lockstöcke" aufgestellt. Diese Stöcke wurden mit einer Baldrianlösung eingesprüht, welche eine hohe Anziehungskraft auf Katzen ausübt. Besonders während der Hauptfortpflanzungszeit im Winter, reagieren in der Nähe befindliche Wildkatzen auf den Lockstoff, in dem sie sich intensiv an den getränkten Köderstöcken reiben.
Dabei bleiben an der angerauten Oberfläche der Stöcke Haare der Tiere haften, welche zur genetischen Bestimmung herangezogen werden können. Die Lockstöcke wurden unter einem großen zeitlichen Aufwand von uns neun mal im Abstand von 7-10 Tagen kontrolliert, vorhandene Haare abgesammelt und die Pflöcke nach einer Reinigung mit einer neuen Baldrianlösung versehen. Die eingesammelten Haare wurden vom Institut für Tierökologie und Naturbildung vorsortiert und im Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt/Main genetisch analysiert.
Bei dieser ersten Untersuchungsreihe im zentralen Burgwald konnten so drei männliche Wildkatzen (Kuder) sowie zwei weibliche Tiere nachgewiesen werden!
Um diese überraschenden Ergebnisse zu festigen und zu weiteren Aussagen zur Verbreitung der Wildkatze zu gelangen, entschlossen wir uns Anfang 2010 zu einer weiteren Untersuchungsreihe, diesmal im nördlichen Burgwald. Dort wurden zehn Lockstöcke aufgestellt und von uns sechs mal auf vorhandene Haare kontrolliert. Auch hier hatten unsere Bemühungen Erfolg und durch die Analyse der eingesammelten Haarfunde konnten vier weitere männliche Tiere belegt werden!
Somit konnten wir durch unsere Untersuchungen in den letzten beiden Jahren insgesamt neun verschiedene Wildkatzen, sieben Männchen und zwei Weibchen, im Burgwald nachweisen. Damit ist die Verbreitung dieser Art im Burgwald erstmals seit Jahrzehnten wieder eindeutig bewiesen! Die relativ hohe Zahl von nachgewiesenen Individuen, inklusive weiblicher Tiere, lässt auch Reproduktion erwarten. Dem Burgwald kommt somit eine bedeutende Funktion als Lebensraum für diese seltene und geschützte Tierart zu. Zudem bildet er eine wichtige Verbindung zwischen den bekannten Wildkatzenpopulationen im Rothaargebirge im Westen und denen im Kellerwald, Knüll, Kaufunger Wald im Norden und Osten.
Foto: Manfred Delpho, Gudensberg ( www.delpho.de )